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Dieser Artikel stammt aus der Volksstimme vom 4. März 2006

Volksstimme-Serie "Bahnstrecken im Altmarkkreis"

82 Jahre lang verbanden Züge Salzwedel und den Arendsee

Die Volksstimme startet heute ihre neue Serie "Bahnstrecken im Altmarkkreis". In den nächsten Wochen werden wir die Geschichte von noch existierenden und fast vergessenen Zuglinien in der Region vorstellen. In der heutigen ersten Folge: die Verbindung Salzwedel - Arendsee.

Von Bodo Habermann und Torsten Adam

Salzwedel. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts war Salzwedel bereits zu einem wichtigen Eisenbahnknotenpunkt geworden. Normalspurige Strecken (1435 Millimeter) führten nach Stendal, Uelzen, Oebisfelde und Lüchow-Dannenberg, schmalspurig ging der Schienenstrang nach Winterfeld und auf direktem Weg über Dähre nach Diesdorf. Der Badeort Arendsee hatte seit dem 25. November 1908 eine 49,4 Kilometer lange Eisenbahnverbindung nach Stendal und in Klein Rossau einen Anschluss nach Osterburg. Die Linie Salzwedel-Arendsee-Wittenberge gab es zu diesem Zeitpunkt noch nicht, das Interesse zum Bau allerdings seit vielen Jahren.
In der Salzwedeler Gaststätte Weichmann fanden sich am 14. Februar 1891 Interessenten zusammen, um über eine Bahnlinie von Seehausen nach Salzwedel zu beraten. Doch eine Einigung erreichten sie nicht. Ebenso wenig erfolgreich verliefen im gleichen Jahr Gespräche über einen Streckenbau Seehausen-Arendsee-Salzwedel-Diesdorf-Wittingen und Weiterführung nach Celle. Ein weiterer Plan sah eine Kleinbahn von Arendsee nach Pretzier vor.

Weltkrieg unterbrach den Bahnlinienbau

Aber erst 1904 nahm die Verbindung von Salzwedel über Arendsee und Geestgottberg nach Wittenberge Gestalt an. Der Notwendigkeit konnte sich das Ministerium nicht mehr verschließen. Die Strecke sollte auf Staatskosten gebaut werden.Die für die Altmark zuständige Eisenbahndirektion in Hannover erhielt den Auftrag, die Bauunterlagen zu besorgen, so dass ab Mitte 1913 die Verhandlungen mit den Eigentümern der Grundstücke, Behörden und Gemeinden begannen. Nach den Vermessungen starteten die Erdarbeiten im Frühjahr 1914 für den Bahnkörper und für die Überquerung des Aland bei Geestgottberg. Die dortige Brücke ist bis heute in einem guten Zustand. Zügig verliefen auch die Streckenarbeiten. Doch mit Beginn des Ersten Weltkrieges am 1. August 1914 wurde umgehend das Projekt eingestellt. Die Kriegswirtschaft brauchte Material und natürlich Arbeiter an der Front.
Erst nach Kriegsende wurde 1919 das Vorhaben fortgesetzt, allerdings in einem Sparkurs. Es fehlte - wie heute - Geld. Am 3. April 1922 war es endlich soweit: Die Landespolizei nahm die Strecke ab. Und die Eisenbahndirektion gab am 22. April 1922 grünes Licht für die Inbetriebnahme.Wie ein Chronist berichtete, waren zur Abnahme sehr viele Beamte erschienen. Mit einem Sonderzug zweiter, dritter und vierter Klasse - bestehend aus 16, jeweils nicht einmal 5 Meter langen Wagen begann die Eröffnungsfahrt. Nach neunjähriger Bauzeit war die Strecke endlich fertig. Es war der längste Eisenbahnbau in der Altmark.
Jeder Bahnhof bekam ein Ladegleis. Überholgleise gab es in Riebau, Binde-Kaulitz, Arendsee und Groß Garz. In Kläden wurde ständig Quarzsand verladen, in den Nachkriegsjahren nach 1945 auch kurzzeitig Braunkohle. In Arendsee waren es Holz, Getreide, Zuckerrüben und Kartoffeln.Der recht beachtliche Güterverkehr hatte nicht lange Bestand: Bereits in den 1930-er Jahren gab es Bemühungen, aus Gründen der Rentabilität Gleise abzubauen oder die Strecke ganz stillzulegen. Doch dazu kam es vorerst nicht.
Nicht unerheblich war zu DDR-Zeiten der Güterverkehr. Aus Siedenlangenbeck und Krinau führten Züge über Salzwedel,Arendsee und Wittenberge bis zum Rostocker Hafen. Um die Magistrale Magdeburg-Stendal- Wittenberge und Stendal-Oebisfelde (Interzonenzug) freizuhalten, leiteten die DDR-Behörden einfach Güterzüge über solche Nebenstrecken. Besonders in der Ferienzeit fuhren Sonderzüge in die Seestadt.

Niedergang der Strecke begann vor vier Jahren

Vor vier Jahren begann der Niedergang der Bahnlinie. Verkehrsminister Karl-Heinz Daehre bestellte den Zugverkehr aus Gründen der Rentabilität ab. Auf Proteste hin rollten aber an den Wochenenden weiterhin Züge. Werktags verkehrten Busse mit einer langen Fahrzeit zwischen Salzwedel und Wittenberge. Die Wochenendverbindung mit dem Zug gewann laut einer Zählung der zwischenzeitlich gegründeten Bürgerinitiative "Die Bahn bleibt" immer mehr Reisende.Die Deutsche Bahn legte andere Zahlen vor. So kam trotz heftiger Kritik von Bahnfreunden das endgültige Aus. Am 11. Dezember 2004 verließ um 20.46 Uhr die letzte Regionalbahn den Salzwedeler Bahnhof.
Inzwischen hat die Deutsche Regionaleisenbahn GmbH die Infrastruktur der Strecke gekauft. Ob auf ihr jemals wieder ein Zug verkehren wird, ist jedoch ungewiss.


Für kurze Zeit verkehrte der moderne Triebwagenzug 642 an den Wochenenden in den Jahren 2003 und 2004 zwischen Salzwedel und Wittenberge.


Mit einem Dampfloksonderzug, hier im Bahnhof Arendsee, wurde das 60-jährige Bestehen der Bahnstrecke gefeiert.  Fotos: Bodo Habermann


Dampflokfreunde Salzwedel e.V. Am Bahnhof 6, 19322 Wittenberge